Mensch-Tier-Chimären als Organfabriken und Versuchskaninchen

Ein internationales Forscherteam hat menschliche Stammzellen in Affen gepflanzt, woraus sich chimäre Langschwanzmakaken-Menschen-Embryonen entwickelt haben. Ziel sollen Lebewesen sein, die menschliche Organe haben oder menschenähnlich sind. Chimären sollen als Organspender für Menschen gezüchtet werden. Oder als menschenähnliche Versuchskaninchen.

Chimären

Die Forscher injizierten in sechs Tage alte Affenembryos jeweils 25 menschliche, erweiterte pluripotente Stammzellen (hEPSC). Die Embryos wurden in Petrischalen am Leben gehalten. Bei 132 Misch-Embryonen wuchsen die menschlichen Zellen. Am 10. Tag nach der Injektion lebten noch 103 von ihnen. Am 13. Tag machten die menschlichen Zellen etwa 7,8 % der Zellen in den Embryos aus. Die Misch-Embryonen entwickelten sich langsamer als normale Affenembryonen. Neuartige Verbindungen zwischen Menschen- und Affenzellen konnten beobachtet werden. Am 19. Tag waren jedoch nur noch drei von ihnen am Leben. Sie wurden dann planmäßig „aus ethischen Gründen“ abgetötet.

Die Forscher werten das Experiment als Erfolg, weil sie gezeigt hätten, dass sich menschliche Stammzellen auch in einer anderen Art entwickeln können. Bei Schweinen (2017) und Schafen (2018) seien Hybridwesen-Versuche bisher gescheitert. Neben der Produktion von Organen für Transplantationen denken die Forscher auch daran, bei der Medikamentenentwicklung Tiere durch Chimären zu ersetzen, um bessere Ergebnisse zu erhalten.

Das besondere ethische Problem beim Transfer von Stammzellen ist, dass nicht kontrolliert werden kann, zu was sich diese Zellen entwickeln. Statt zu einer menschlichen Leber könnten sie sich auch zu einem menschlichen Gehirn entwickeln. Auch in Deutschland wäre dieser Versuch erlaubt gewesen, weil keine menschlichen Embryonen verwendet wurden, und weil die Stammzellen nicht aus Embryonen entnommen wurden.

Viele Forscher rund um die Welt sind sich darin einig, dass klare gesetzliche Regelungen und ein internationaler Konsens nötig sind, um die Geburt von Chimären zu verhindern. Zu befürchten steht aber, dass sie trotzdem in der Richtung weiterforschen möchten. Nur wie weit sollen sie dürfen können, ist die Frage.

Organspende

Wenn Organspende als Standard festgelegt wird, und man sich dem durch aktiven Widerspruch entziehen muss (sogenanntes „Opt-Out“), dann bleiben etwa 60-80 % der Bevölkerung potentielle Organspender. Wenn man sich freiwillig zur Organspende bereit erklären muss, bleiben wiederum 60-80 % im Standard-Modus, so dass nur etwa ein Drittel der Bevölkerung sich per aktiver Willensbekundung als potentieller Organspender bereit erklärt (sogenanntes „Opt-In“).

Dieser einfache gesetzliche Mechanismus berücksichtigt die psychologische Trägheit des Menschen, den sogenannten „Default-Effekt“ oder die „Standard-Präferenz“, wonach sich die Mehrheit mit dem Ist-Zustand arrangiert, anstatt Energie aufzuwenden, um dem zu widersprechen. Dabei äußern sich Bundesbürger in Umfragen zur Organspende zu über 80 % zustimmend. Trotzdem haben wir keine 20 % Organspender. In den meisten europäischen Ländern gibt es eine solche Widerspruchslösung (Opt-Out) und damit viel mehr Organspender als in Deutschland (Entscheidungslösung, Opt-In). Leider schläft hier die Politik. Dabei wäre es so einfach!

Mischwesen-Versuche

Als ob Tierversuche nicht schon ethisch fragwürdig genug wären, potenziert sich das ethische Dilemma, wenn nicht mehr „nur“ Tiere, sondern ethisch strittig erzeugte Tiermenschen für Chimärenversuche herhalten sollen. Stecken zukünftig Mischwesen mit ansatzweise menschlichem Bewusstsein in Käfigen, und werden mit experimentellen Medikamenten vollgepumpt, oder aufgesägt und ihre Gehirne mit Elektroden gespickt? Kommen die biologischen Sklaven der Zukunft aus dem Reagenzglas?

Chimäre Lebewesen führen maximal zu gemischten Untersuchungsergebnissen. Das wäre kein wesentlicher Fortschritt im Vergleich zum Tierversuch. Denn danach müssten die Ergebnisse immer noch auf echte Menschen überführt werden.

Wesentlich besser ist es, Zellkulturen, Computermodelle und andere Methoden als ethisch vertretbare Alternativen weiterzuentwickeln. Bitte mehr davon! Die Ergebnisse sind deutlich brauchbarer, weil sie bereits an menschlichen Zellen und Organen oder deren Modellen entwickelt und ausprobiert wurden.